Startklar für die Telematikinfrastruktur
19.02.2021
Die Telematikinfrastruktur (TI) soll Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen, Zahnärzt:innen, Apotheken, Krankenhäuser und andere Akteure des Gesundheitswesens miteinander vernetzen, damit diese schneller und einfacher miteinander kommunizieren können. Ziel ist es, über eine "Datenautobahn" medizinische Informationen, die für die Behandlung der Patient:innen nötig sind, system- und sektorenübergreifend auszutauschen. Oberste Priorität hat dabei die Sicherheit der Patient:innendaten.
Anm. d. Red.: Dieser Beitrag wird fortlaufend aktualisiert.
Fahrplan für die TI
Den Fahrplan für die Einführung der TI mit nutzbringenden Anwendungen auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) enthält das am 1. Januar 2016 in Kraft getretene "Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen" (kurz E-Health-Gesetz) sowie das im Juli 2019 vom Bundeskabinett beschlossene "Digitale Versorgung"-Gesetz, auch Digitalisierungsgesetz oder E-Health-Gesetz II genannt, das im Januar 2020 in Kraft trat.
In den gesetzlichen Vorgaben sind auch Fristen genannt, bis wann sich Praxen und Apotheken an die TI angebunden sein müssen und in der Lage sein sollen, bestimmte Anwendungen zu nutzen.
Digitales Gesundheitswesen: Zeitplan für die Einführung der TI-Anwendungen (Stand: 10/21) >
Freiwillige & Pflichtanwendungen
Die Pflichtanwendungen sind für alle Mitglieder:innen der gesetzlichen Krankenkassen verbindlich. Dazu zählen der Online-Abgleich der Versichertenstammdaten (Versichertenstammdatenmanagement, kurz VSDM) auf der elektronischen Gesundheitskarte seit dem 1. Juli 2019, das elektronische Empfangen und Einlösen einer Verordnung (eVerordnung) mit der Karte sowie die Verwendung der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) auf der Rückseite.
Bei den freiwilligen Anwendungen obliegt es allein den Versicherten, ob sie diese Angebote in Anspruch nehmen möchten. Nur mit ihrer Zustimmung dürfen zum Beispiel Notfalldaten auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) hinterlegt werden. Die Hoheit über die Daten liegt allein bei den Patient:innen.
Anwendungen der Telematikinfrastruktur im Überblick
Folgende Fachanwendungen sieht der Gesetzgeber vor:
VSDM
Beim Versichertenstammdatenmanagement werden die Daten der Versicherten auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) online geprüft und ggfls. aktualisiert. Praxen, die diese Pflichtanwendung nicht umsetzen, drohen Honorarkürzungen.
Elektronischer Arztbrief
Arztbriefe sollen mit dem elektronischem Heilberufsausweis (eHBA) qualifiziert signiert und über den Kommunikationsdienst KIM in der TI sicher übermittelt werden. Sender:in und Empfänger:in erhalten dafür eine die Vergütung.
Elektronischer Medikationsplan
Seit Oktober 2016 haben Patient:innen, die drei oder mehr Arzneimittel anwenden, Anspruch auf einen Medikationsplan. Dieser wird künftig auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) der Patient:innen abrufbar sein. Ärzt:innen und Apotheker:innen sollen ihn dann direkt auf der eGK aktualisieren.
Lebensrettende Notfalldaten
Alle Versicherten haben in Kürze die Möglichkeit, notfallrelevante Informationen (Diagnosen, Medikation, Allergien, Unverträglichkeiten etc.) auf ihrer eGK eintragen zu lassen, damit diese im Ernstfall schnell abrufbar sind. Für das Anlegen des Notfalldatensatzes benötigen Ärzt:innen einen elektronischen Heilberufsausweis (eHBA).
Elektronische Patientenakte
Versicherte haben Anspruch auf eine elektronische Patientenakte, in der z. B. Befunde oder Diagnosen Diagnosen oder der Impfausweis aufbewahrt werden können. Damit erhalten sie erstmals einen transparenten Überblick über ihre Gesundheitsdaten. Die ePA ist freiwillig und kostenfrei.
Elektronisches Patientenfach
Patient:innen sollen Daten in einem Online-Fach ablegen und außerhalb der Praxis eigenständig einsehen können, z. B. selbst gemessene Blutzuckerwerte. Die Daten aus der ePatientenakte können auf Wunsch auch aufgenommen werden.
Telemedizin-Anwendungen
Telemedizinische Leistungen, z. B. die telekonsiliarische Befundbeurteilung von Röntgenaufnahmen oder Online-Videosprechstunden, sollen v. a. älteren und in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen zugute kommen. Diese werden Ärzt:innen teilweise bereits vergütet.
eAU
Praxen übermitteln elektronisch signierte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen via KIM an die Krankenkassen; Versicherte geben zunächst weiterhin den Papier-Durchschlag an ihre Arbeitgeber:innen weiter. Ab 2023 sollen dann die Krankenkassen den Arbeitgeber:innen die AU digital zur Verfügung stellen
Elektronisches Rezept
Ärzt:innen stellen eRezepte aus, die Patient:innen wahlweise als Ausdruck oder auf das Smartphone übermittelt bekommen. Der darin enthaltene 2D-Code ist in der Apotheke einlesbar. Über eine App auf dem Smartphone lassen sich Medikamente in der Wunschapotheke vorbestellen.
Datenaustausch mit KIM
Mit KIM (Kommunikation im Medizinwesen) lassen sich Nachrichten und Dokumente schnell und sicher über Einrichtungs-, System- und Sektorengrenzen hinweg per E-Mail austauschen. Mit dem eHBA können sich Kommunikationspartner authentifizieren und Dokumente digital unterschreiben.
Technische Komponenten für den Anschluss
Um Heilberufsangehörige an die TI anzuschließen, sind diverse technische Komponenten notwendig, die im Folgenden näher beschrieben werden. Diese müssen hohen Anforderungen an Funktionalität und Sicherheit genügen sowie aufwändige Testverfahren bestehen. Sie werden vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) nach entsprechenden IT-Sicherheits-Prüfvorschriften geprüft und müssen von der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (gematik) zugelassen werden.
Benötigt werden unter anderem der elektronische Praxis- bzw. Institutionausweis (SMC-B) als "TI-Zutrittskarte" sowie der elektronische Heilberufsausweis (eHBA) für den Zugriff auf die elektronischen Gesundheitskarten (eGK) der Patient:innen und die qualifizierte digitale Signatur. Diese beiden TI-Bausteine sind bei medisign erhältlich.
Kosten werden erstattet
Die Kosten für die TI-Anbindung werden erstattet. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZBV) sowie der Deutsche Apothekerverband (DAV) haben sich mit dem GKV-Spitzenverband auf Beträge für die technische Erstausstattung (z. B. Konnektor, Kartenterminals) und die laufenden Betriebskosten geeinigt. Die Fördersummen für Praxen und Apotheken sind in der folgenden Tabelle aufgeführt:*
Im Detail: TI-Komponenten & deren Finanzierung
Technische Komponente | Finanzierung* |
Stationäres eHealth-Kartenterminal:
Es dient dazu, die elektronische Gesundheitskarte (eGK), den Praxisausweis (SMC-B) und den elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) einzulesen. Zwischen zwei Arten stationärer Kartenterminals kann gewählt werden:
Wie viele Kartenterminals werden in Praxen benötigt? Mindestens eines für die medizinischen Fachangestellten am Empfang für das VSDM. Für die künftigen medizinischen Anwendungen (z. B. Notfalldaten) sind zusätzliche Kartenterminals in den Behandlungszimmern nötig. |
Ärzt:innen/Psychotherapeut:innen:
Zahnärzt:innen: 595,00 € pro Kartenterminal Je nach Praxisgröße und der Anzahl der dort tätigen ZÄ werden bis zu drei Geräte finanziert. Apotheker:innen: insgesamt 3.032,00 € für ein Basispaket, bestehend aus einem eHealth-Konnektor und zwei Kartenterminals, inkl. einer Installationsaufwandspauschale zusätzliche Kartenterminals: je 450,00 €
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ORGA Protect:Aufsatz für störanfällige Kartenterminals des Typs "ORGA 6141 online". |
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Mobiles eHealth-Kartenterminal:
Wer Haus- und Pflegeheimbesuche durchführt, benötigt ein mobiles Terminal, das aber ausschließlich im Offline-Betrieb arbeitet (kein VSDM möglich). Wichtig: Zum Zugriff auf die eGK ist ein weiterer Praxisausweis (SMC-B) oder ein eHBA nötig. |
Ärzt:innen: 350,00 € pro Kartenterminal Anspruch besteht bei:
Zahnärzt:innen: 356 € pro Kartenterminal, wie folgt gestaffelt:
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Konnektor:
Praxen: Der TI-Konnektor ist die Schnittstelle zwischen Ihrem Praxisverwaltungssystem, Ihrem Kartenterminal und der TI. Er ermöglicht aktuell die Verwaltung der Versichertenstammdaten (VSDM); die Verbindung zur TI erfolgt hochsicher über den VPN-Zugangsdienst. Für die qualifizierte elektronische Signatur (qSig) und die künftigen medizinischen Fachanwendungen - Notfalldatenmanagement (NFDM), elektronischer Medikationsplan (eMP), elektronische Patientenakte (ePA) - sind Updates des bisherigen Konnektors erforderlich. Apotheken: Apotheken erhalten direkt einen eHealth-Konnektor, der neben den Modulen für qSig, NFDM und eMP aber auch das notwendige Modul für das VSDM enthält. |
Ärzt:innen & Psychotherapeut:innen - Erstausstattung (Konnektor & stationäres Kartenterminal):
Darüber hinaus:
Zahnärzte:
Apotheker:innen: s. o. |
SMC-B für Praxen & Apotheken:
Mit dem Praxis- bzw. Institutionsausweis (Security Module Card - Betriebsstätte, kurz SMC-B) authentisiert sich eine Betriebsstätte (Praxis, Klinik oder Apotheke) gegenüber den Diensten der TI, weist sich also als berechtigter Teilnehmer aus und kann Patientendaten auf der eGK auslesen. Die Karte wird in das stationäre Kartenterminal gesteckt, über eine PIN aktiviert und ist zwingend erforderlich für den Betrieb der TI-Komponenten. Herausgeber der SMC-B sind die
Produziert wird der Ausweis von zugelassenen Vertrauensdiensteanbietern (VDA) wie medisign: medisign Antragsportal: www.smc-b.de > |
Übernahme der Betriebskosten:
Ärzt:innen & Psychotherapeut:innen: 23,25 € pro Quartal & Karte Zahnärzt:innen: 465,00 € als Einmalzahlung für 5 Jahre pro Karte (Die Höhe der Pauschale hängt vom Bestellzeitpunkt der SMC-B ab.) Apotheker:innen: 378,15 € als Einmalzahlung für 5 Jahre pro Karte
Hinweis: Praxen, die Anspruch auf ein mobiles eHealth-Terminal haben, wird pro Terminal ein weiterer Praxisausweis finanziert (s. auch "mobiles eHealth-Terminal"). |
gSMC-KT:
Die gerätespezifische Security Module Card - Kartenterminal (kurz gSMC-KT) wird ins Kartenterminal eingesteckt - analog einer SIM-Karte im Mobiltelefon - und fest versiegelt. Sie dient dazu, das Kartenterminal innerhalb der TI eindeutig zu identifizieren und dessen dauerhafte Verbindung mit dem Konnektor sicherzustellen. |
Ist im Kartenterminal bereits enthalten. |
gSMC-K:
Die gerätespezifische Security Module Card - Konnektor (kurz gSMC-K) ist fest im Konnektor verbaut. Sie dient dazu, denn Konnektor innerhalb der TI eindeutig zu identifizieren. |
Ist im Konnektor bereits enthalten. |
VPN-Zugangsdienst:
Für den Zugang zur TI wird der VPN-Zugangsdienst benötigt, der über ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) und unter Einsatz moderner Verschlüsselungstechnologien einen sicheren Datenverkehr ermöglicht. |
Betriebskostenpauschale:
(u. a. für Wartung der Komponenten und Updates inkl. laufende Kosten für den VPN-Zugangsdienst): Ärzt:innen & Psychotherapeut:innen: 248,00 €/Quartal Zahnärzt:innen: 83,00 €/Monat Apotheker:innen: 210,00 €/Quartal |
Software-Update der Verwaltungssoftware bzw. Installationskosten:
Das Praxis- bzw. Apothekenverwaltungssystem muss angepasst werden, um eine Verbindung zur TI zu ermöglichen und die Versichertendaten der eGK importieren zu können. |
Einmalige Startpauschale:
Sie soll die Kosten decken, die beim Anschluss eines virtuellen privaten Netzwerks (VPN), bei der Installation, durch den Praxisausfall während der Installation und bei der Anpassung ihres Praxisverwaltungssystems (PVS) entstehen. Zudem wird damit der Zeitaufwand für das VSDM in der Startphase vergütet. Praxen: 900,00 € |
Elektronischer Heilberufsausweis (eHBA):
Der eHBA (Generation 2) ist für medizinische Anwendungen der TI erforderlich. Er ermöglicht den Zugriff auf die eGK und die qualifizierte elektronische Signatur (rechtsgültige digitale Unterschrift). Herausgeber des eHBA sind die
Produziert wird der Ausweis von zugelassenen Vertrauensdiensteanbietern (VDA) wie medisign: medisign Antragsportal: www.ehba.de > |
Übernahme der Betriebskosten:
Ärzt:innen & Psychotherapeut:innen: 11,63 €/Quartal & Karte Zahnärzt:innen: 233,00 € als Einmalzahlung für 5 Jahre pro Karte Apotheker:innen: 449,00 € als Einmalzahlung für 5 Jahre pro Karte |
Weitere Anwendungen der TI: |
Einrichung, Zuschläge & Pauschalen: |
Notfalldatenmanagement (NFDM) & elektronischer Medikationsplan (eMP): | Ärzt:innen:
Zahnärzt:innen:
Apotheker:innen bei Teilnahme am eMP-Feldtest:
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Elektronische Patientenakte (ePA): | Ärzt:innen:
Zahnärzt:innen:
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eRezept: | Ärzt:innen:
Zahnärzt:innen:
|
Kommunikationsdienst KIM: | Ärzt:innen:
Zahnärzt:innen:
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TI-Anbindung von Kliniken & MVZ
Damit Kliniken, ermächtigte Ambulanzen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) ebenfalls an die TI angebunden werden können, hat auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mit dem GKV-Spitzenverband eine Finanzierungsvereinbarung geschlossen.
Quellen & weiterführende Informationen
- Infos des Gesundheitsministeriums zum E-Health-Gesetz
- Infos des Gesundheitsminsteriums zum "Digitale Versorgung"-Gesetz
- § 291 SGB V Elektronische Gesundheitskarte als Versicherungsnachweis
- Informationen der KBV zur Telematikinfrastruktur (Stand: 02/19, PDF-Format)
- KBV: "Übersicht TI-Finanzierung" (Stand: 13.07.22, PDF-Format)
- KBV: "Bundesschiedsamt setzt höhere Erstattungsbeträge für TI fest" (Stand: 21.04.2022)
- KVNO: "Erstattungsbeträge für TI erhöht" (Stand: 29.04.2022)
- Informationen der KZBV zur Telematikinfrastruktur (PDF-Download)
- Pauschalen-Vereinbarung zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband (Stand: 01.01.21, PDF-Format)
- Nacht- und Notdienstfonds des DAV: TI-Erstattungen
- Informationen der gematik zur Telematikinfrastruktur
- Themenseite der gematik zum eHBA
- Bundesärztekammer: Informationen zu digitalen Anwendungen
- Bundeszahnärztekammer: Informationen zur Telematik
Autor: Katja Chalupka
* Angaben ohne Gewähr (Stand: 07/2022)
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Katja Chalupka
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